Kapitel II: Einladung zum Maskenball
Grimwardt
Kurz darauf auf der Sturmhexe
Am Mast des Piratenschiffs hatten die Angreifer eine neue Fahne gehisst: eine schwarze Harlekinmaske. Grimwardt kannte das Symbol von einem früheren Abenteuer: Es war das Wappenzeichen der Nachtmasken, der Diebesorganisation der Stadt Westtor. Bittere Erinnerungen an Schmach und Niederlage hingen an diesem Symbol, denn es war die vampirische Führungsriege der Nachtmasken, der die Gefährten das Scheitern ihrer Mission vor acht Jahren zu verdanken hatten.
Als Grimwardt mit Winter, Faust und Joe an Bord des Schiffes teleportierte, fielen ihm als erstes die beiden massigen Gestalten ins Auge, die mit verschränkten Armen den alten Gunnar am Steuerrad zur Abfahrt drängten: Es waren Oger, doch ihre Körper waren gräulich und das ungesunde Funkeln in ihren bleichen Augen verriet ihre wahren Natur. Der Kapitän hatte seinen ersten Maat zusammen mit einer Hand voll Seeleuten zur Bewachung auf dem Schiff zurückgelassen. Diesen Umstand hatten sich die Vampire zunutze gemacht und die Wachen in ihren Zauberbann geschlagen und zu unfreiwilligen Komplizen gemacht: Willenlos lenkte der Steuermann das Schiff aus der Bucht, während die Mannschaft die Geschütze klarmachte, um die Hochzeitsgesellschaft unter Beschuss zu nehmen.
„Grim!“
Winter zwickte ihren Bruder in die Seite und wies aufgeregt nach links, wo zwei weitere Gestalten aus einer Deckluke krochen. Die kleinere der beiden war ein Knabe von zehn oder elf Jahren, der in altertümliche Gewänder aus schwerem Samt gehüllt war. Die zweite jedoch hätte Grimwardt unter tausend anderen wieder erkannt: Drake! Im Mondschein, das dem Gesicht des Albinos ein geisterhaftes Leuchten verlieh, war unverkennbar, dass sich der alte Erzfeind der Fedaykins der Liga der Blutsauger angeschlossen hatte. Doch Drake schien die Geschwister kaum zu beachten. Stattdessen wies er mit einem Zischen auf Captain Joe und rief: „Da ist der Dieb! Niemand bestiehlt die Nachtmasken, Halunke! Dafür wirst du büßen!“
Mit diesen Worten schnellte er vor und ehe einer der Gefährten reagieren konnte, war er bei dem Kapitän angelangt und würgte ihn, bis er bewusstlos in seine Arme sank. Winter, die erkannte, was Drake vorhatte, sprach hastig einen Dimensionsbann, um eine magische Flucht zu vereiteln. Beinahe zeitgleich zerfetzte Faust dem Angreifer mit seinem Schwert die Kehle. Der Vampir röchelte, ehe er sich in Nebel auflöste. Auf diesen Moment hatte Grimwardt gewartet! Mit dröhnender Stimme rief er Tempus’ Macht auf den Körperlosen herab und das Unfassbare geschah: Der wabernde Nebel zerstob in einer grün züngelnden Flamme und nicht einmal ein Staubkorn blieb von Drake übrig!
Die Vernichtung ihres langjährigen Peinigers kam so überraschend, dass niemand auf den Knaben achtete, der mit Drake gekommen war. Mit lieblicher Singstimme bannte der kleine Vampir Winters Dimensionsanker, kniete sich neben Joe und teleportierte mit ihm und den beiden Ogerwächtern vom Schiff.
„Verdammt“, fluchte Faust. Dann blickte er auf die Stelle, an der Grimwardts Zauber den Assassinen vernichtet hatte. „Und das soll der Kerl gewesen sein, der euch so viel Ärger bereitet hat?“
„Nein“, sagte Winter, deren Blick wie gebannt an der Stelle hing. „Das war nicht Drake.“
Ruckartig hob sie den Kopf und sah Grimwardt an. Er nickte unmerklich: Sie hatte Recht. Er hatte sie nicht einmal angesehen. Keine Verspottungen, kein Versuch sie zu erpressen. Außerdem war Drake ein Einzelgänger. Unwahrscheinlich, dass er sich mit den Nachtmasken zusammengetan hatte. Ein düsterer Verdacht beschlich Grimwardt.
„Wenn es nicht dieser Drake war, wer war es dann?“, fragte Faust.
„Und was wollte er von deinem Ehemann?“, lenkte Grimwardt das Gespräch in eine andere Richtung, denn er hatte beschlossen, seine Vermutung für sich zu behalten, bis er sich seiner Sache sicher war.
„Wenn ich das wüsste“, murmelte Winter. „Offenbar hat Joe mir einiges verschwiegen.“
„Wie zum Beispiel, dass er eine offene Rechnung mit den Nachtmasken hat?“
„Also?“, fragte Faust. „Willst du ihn retten oder überlässt du ihn den Blutsaugern?“
„Nicht bevor ich weiß, was es mit diesen Tätowierungen auf sich hat… und mit Drake“, erwiderte Winter. Dann seufzte sie und blickte in die Runde. „Bereit für ein neues Abenteuer?“
Winter
Kurz darauf in den Katakomben der Hafenstadt Westtor, See des Sternregens.
Das ist die unromantischste Hochzeit, die ich in siebzehn Jahren erlebt habe, dachte Winter ernüchtert, während sie Grimwardt, Faust und Miu durch Schlick und Unrat der Kanalisation von Westtor hinterher stapfte. Nun, immerhin würde so Generationen von Blackbird-Bräuten dieses grässliche Monster von Hochzeitskleid erspart bleiben!
Der Ortungszauber, mit dem sie Joe aufgespürt hatte, hatte sie geradewegs in diese ungastliche Umgebung geführt. Immer tiefer hinein ins Tunnellabyrinth führte sie der Zauber und immer höher stieg das Abwasser, bis es Winter bis zur Taille reichte. Schließlich erblickten die Gefährten Licht am Ende eines Ganges und kamen in einen größeren Stauraum. Ein vergitterter Abfluss an der Ostseite des Raumes spülte die Abwässer in die Bucht von Westtor. Der Ortungszauber jedoch führte die Gefährten durch eine kleine Tunnelöffnung an der Nordseite des Raumes. Als sich süßlicher Verwesungsgeruch zu dem Kanalisationsgestank gesellte, wussten sie, dass sie auf der rechten Fährte waren. Und dann hörten sie die Schreie. Schreie, die nicht menschlich klangen und Winter das Blut in den Adern gefrieren ließen. Und dazwischen – wie bitterer Hohn – der sanfte Klang einer Laute und die glockenhelle Stimme des Vampirknaben, dessen lieblicher Singsang von den Tunnelwänden widerhallte: „Sag uns, wo du unsere Ware versteckt hast, Pirat, und dein Leiden hat ein Ende. Nur ein Wort und meine Melodie singt dich in den Schlaf.“
Keine Zeit mehr für Heimlichkeit! Die Gefährten stürmten los… und platzten unverhofft in einen von Fackeln und Kandelabern schwach erhellten Raum. Für einen Augenblick erhaschte Winter einen Blick in den Raum… und in die perfide Seele eines kindlichen Monsters: Der Junge saß mit lässig unterschlagenen Beinen auf einem steinernen Sarg und zupfte mit verzücktem Gesichtsausdruck die Saiten seiner Laute, wobei die teuflische Magie seines Spiels den Piraten zum Tanzen zwang. Joes Oberkörper war mit eisernen Stacheldrähten umwickelt, die ihm bei jeder Bewegung ins Fleisch schnitten und ihn vor Schmerz wimmern und brüllen ließen. Das Blut, das aus seinen Wunden trat, entlockte dem Jungen entzückte Seufzer und es bestand kein Zweifel daran, was mit Joe passieren würde, wenn der Vampir erst hatte, was er wollte. Dann plötzlich ein dissonanter Akkord: Der Knabe hatte die Eindringlinge erspäht. Ein Zucken durchlief seine Züge und verzerrte das engelhafte Kindergesicht zu einer grässlichen Fratze, während ein unterschwelliges Knurren aus seinen halb geöffneten Lippen drang. Dann ein Fauchen und ein Sprung und der kleine Vampir kauerte spinnengleich an der Decke des Raums.
Winter unterdrückte ein Schaudern.
„Tote Kinder machen sich in keiner Biographie besonders gut“, murmelte Faust und zog sein Schwert. „Aber ich glaube, für ihn könnte ich eine Ausnahme machen.“
Grimwardt brummte etwas, das nach Zustimmung klang. Doch ehe sie sich um den Vampirknaben kümmern konnten, wurde ihnen der Weg von den massigen Körpern der beiden Ogerwächter versperrt, die versteckt hinter dem Eingang gelauert haben mussten. Während auf der Schwelle zum Folterraum der Kampf losbrach, ersann Winter einen Plan, um Joe aus den Fängen des Sängerknaben zu befreien. Eilig sprach sie einen Zauber, der sie vor den Eisenstacheln schützen sollte, ehe sie mit einem weiteren Zaubertrick ihren Standort mit dem des Piraten tauschte. Im nächsten Moment spürte sie, wie die Eisendrähte in ihren Oberkörper schnitten, doch die Stacheln konnten ihr nichts anhaben. Aus den Augenwinkeln bemerkte sie eine weitere Gestalt, die aus dem Schatten auf sie zuschnellte. Drake! Eine weitere Vampirausgabe des Albinos hielt fauchend auf sie zu. Keine Zeit darüber nachzudenken, was das zu bedeuten hatte! Eilig befreite sich Winter von den Eisendrähten, doch auch dem Vampirknaben war ihre Befreiungsaktion nicht entgangen. Zornig über den Verlust seiner Beute stieß er ein markerschütterndes Kreischen aus, das ein schrilles Fiepen in Winters Ohren hinterließ. Blut strömte ihr aus Ohren und Nase. Ein Blick in Richtung ihrer Gefährten sagte ihr, dass es um sie kaum besser stand: Fausts frustriertes Fluchen kommentierte seine vergeblichen Versuche den Wall der Wächter zu durchbrechen, deren Kombination aus purer Muskelkraft und vampirischer Flinkheit ihm zu schaffen machte. Und auch gegen Grimwardts priesterliche Macht schienen diese Gegner immun zu sein.
Das hat keinen Sinn, erkannte Winter. Sie waren zu unvorbereitet für diesen Kampf, hatten ihre Gegner und deren Vorteil durch die vertraute Umgebung unterschätzt. Sie hatten Joe, das sollte ihnen fürs erste genügen! Da das schrille Fiepen ihr Hörvermögen einschränkte, sprach Winter einen stummen Dimensionszauber, um sich zu ihren Freunden zu teleportieren, und einen weiteren, um aus den Katakomben zu fliehen.
Es war bereits ihre zweite Niederlage gegen die Vampire von Westtor.
Grimwardt
Wenig später im Speisesaal der Abtei des Schwertes.
„Hast du mir vielleicht etwas zu beichten?“, schalt Winter ihren Bräutigam mit verschränkten Armen und schulmeisterlichem Blick. Mius heilende Berührung hatte neben Joes Fleischwunden auch seine Trunkenheit beseitigt und er schien nicht sonderlich erfreut über diesen Zustand absoluter Nüchternheit. Mürrisch ritzte er, zu Grimwardts wachsendem Missfallen, mit seiner Hakenhand Kerben in den Speisetisch und warf düstere Blicke in seinen Wasserbecher.
„Ich muss zu meiner Crew zurück“, murmelte er. „Bring mich zurück auf die Insel.“
„Sie hat dir deinen verdammten Arsch gerettet!“, knurrte Faust. „Und dir fällt nichts Besseres ein, als Forderungen zu stellen!“
„Kümmere dich um deinen eigenen Dreck, Mann“, fauchte der Pirat. Doch er schien einzusehen, dass Faust Recht hatte. „Erinnerst du dich an meinen Junggesellenabschied vor fünf Tagen?“, wandte er sich widerwillig an seine Braut.
„Eure Sauftour durch halb Turmish?“
„Waren das meine Worte? Dann habe ich möglicherweise vergessen zu erwähnen, dass ich mit der Crew noch mal aufs Meer raus gefahren bin…. Ein Handelsschiff aus Westtor.“
„Du hast ein Schiff gekapert?! Joe, wir hatten uns auf Halbe-Halbe geeinigt!“
Grimwardt quittierte die Enthüllung seiner Schwester mit einem tadelnden Räuspern. Er hatte es seit langem aufgegeben, Winter auf den Pfad der Tugend zurückführen zu wollen, aber dass sie in seiner Gegenwart so ganz ungeniert über ihre Verfehlungen zu sprechen wagte, das grenzte an Respektlosigkeit.
„War keine große Sache, bloß ein paar Kunstgegenstände“, behauptete der Pirat. „Aber dann fanden wir in einigen Weinfässern Schmugglerware. Drogen, ziemlich harter Stoff: Traumstaub, Teufelskraut und so ein rotes Zeug. Ich hatte keinen blassen Schimmer, dass die Nachtmasken da ihre Finger im Spiel hatten, sonst hätte ich das Zeug nie angerührt.“
Winter sah ihn scharf an.
„Und du hieltst es nicht für nötig, mich von eurer nächtlichen Aktion in Kenntnis zu setzen? Was hast du mir noch alles verschwiegen? Fangen wir doch mal bei deinen Tätowierungen an! Was zeigen diese Schatzkarten wirklich?“
Der Kapitän grinste schief durch eine Zahnlücke
„Ah, darum hast du mich also geheiratet, hehe.“
„Und du?“, konterte Winter. „Warum hast du mich geheiratet?“
„Vielleicht weil es nur einen Weg gibt, wie du es herausfinden kannst“, erwiderte er mit einem anzüglichen Grinsen. „Unsere Hochzeitsnacht ist noch nicht vorüber, meine kleine Auster.“
Winter kehrte ihm schnaubend den Rücken zu.
„Bin ich eigentlich der einzige, der sich wundert, wie Schneeweißchen in die Katakomben kam, nachdem wir ihn auf dem Schiff kalt gemacht hatten“, warf Faust ein.
Drake! Über all den Humbug von gekaperten Schiffen und mysteriösen Schatzkarten hätte Grimwardt die Begegnung mit dem Assassinen beinahe vergessen. Das Auftauchen des zweiten Vampirs hatte seine Vermutung bestätigt: Die Vergangenheit hatte sie eingeholt.
„Es sind Klone“, erklärte er ruhig.
Winter wandte sich ruckartig zu ihm um.
„Du meinst…?“
Er nickte.
Dann begann er zu erzählen: Vor acht Jahren hatte die Abenteuergruppe, der Winter und er damals angehörten, nach einem Ort gesucht, der sich die Bastion der ungeborenen Seelen nannte: ein Quell der Seelenenergie, in dem die Seelen der Sterblichen heranreiften. Seit fast 1500 Jahren wurde dieser Ort von einem mächtigen roten Drachen heimgesucht, Ashardalon, der sich vor dem sicheren Tod in die Bastion geflüchtet hatte und sich seither von den ungeborenen Seelen ernährte, um dem Tod zu entfliehen. Seinetwegen geschah es immer wieder, dass auf der ganzen Welt Kinder ohne Seelen geboren wurden. Ashardalons Bezwinger von einst, Gen Soleilon, war ein Held von Westtor und ein Vorfahre Drakes. Von Elminster von Schattental hatten die Gefährten erfahren, dass es nicht möglich sei, Ashardalon aus der Bastion zu vertreiben ohne die Hilfe des letzten Nachfahren des Soleilon. Dies war der Grund, weshalb sie mit Drake zusammengearbeitet hatten. Doch sie waren nicht die einzigen, die nach der Bastion gesucht hatten. Zu Anfang ihrer Mission war Drake von einer Marilith angegriffen worden, die ihm eine Hand abschnitt.
„Wir vermuteten damals, dass sie seine Hand brauchte, um einen Klon des letzten Nachfahren zu erschaffen“, schloss Grimwardt seinen Bericht.
„… und das ist ihr nun gelungen“, vollendete Faust die Geschichte.
„Ihr oder dem, für den sie arbeitet“, warf Winter ein. „Wir haben nie herausgefunden, in wessen Namen sie handelte, doch die Vampirklone deuten auf die Nachtmasken hin.“
„Und ihr glaubt, dieser Seelenquell ist erneut in Gefahr?“
„Eher noch immer“, murmelte Grimwardt. Er hatte die Schmach der Niederlage, die sie in den Vampirkrypten von Westtor ereilt hatte, wo sie nach einem Zugang zur Bastion gesucht hatten, nie ganz verdauen können. Bot sich ihnen hier etwa eine Chance, zu Ende zu bringen, was sie vor acht Jahren begonnen hatten?
„Wir sollten dem auf den Grund gehen“, entschied er. „Doch zuerst sollten wir eine Nacht darüber schlafen. Vampire jagt man am besten bei Tageslicht.“
Als sich die Gefährten und Joe am nächsten Tag zum Frühstück erneut im Speisesaal der Abtei einfanden, trat Sir Silas mit einem versiegelten Brief an Grimwardt heran.
„Herr, dies fand ich heute morgen vor der Tür zu meinem Schlafgemach.“
Als er das Siegel erkannte, sog Grimwardt scharf die Luft ein: eine schwarze Harlekinmaske!
„Haben die Wachen heute Nacht irgendetwas bemerkt?“, fragte er alarmiert. „Hinweise auf einen Eindringling? Merkwürdige Bewegungen? Nebel?“
„Nein, Herr.“
Grimwardt runzelte die Stirn. Er untersuchte den Briefumschlag nach Kontaktgift. Als er keines fand, brach er das Siegel. Die Botschaft war mit roter Tinte geschrieben – Blut: Als ob sie noch Zweifel daran bestünde, von wem die Nachricht stammte!
„Winter Fedaykin-Dantés, Grimwardt Fedaykin, Desmond MacLancastor, Miu Kimura“, las Grimwardt vor und wurde gleich von Winter unterbrochen.
„Desmond MacLancastor?“ Sie sah Faust amüsiert an.
„Woher kennen die Hurensöhne meinen richtigen Namen?“, knurrte der Kämpfer. „Scheint als hätte unser kleiner Sängerknabe viele Talente.“
„MacLancastor…Das klingt ziemlich hochtrabend.“
„Warum steht mein Name nicht in dem Brief?“, erkundigte sich derweil der egozentrische Piratenfürst.
„RUHE!“, rief Grimwardt die anderen zur Ordnung. „Wollen wir uns über Namen streiten oder soll ich weiter lesen?“
Stille.
„Ihr seid aufs Herzlichste eingeladen zum Maskenball im Stadtpalais der Urdo-Familie, Marktdreieck, Westtor, zur zwölften Stunde des Zwanzigsten Tages der Flammleite. Diese Einladung wird Euch Einlass gewähren. P.S.: Möge uns ein gemeinsamer Feind zusammenführen.“
„Das ist heute“, erkannte Winter. „Heute um Mitternacht.“
„Eine Falle?“, fragte Faust.
„Zweifelsohne“, erklärte Grimwardt.
„Aber auch ein Anhaltspunkt, um an die Nachtmasken heranzukommen“, erklärte Winter. „Wir sollten mehr über diese Urdo-Familie herausfinden.“
Faust sah in die Runde.
„Auf nach Westtor?“, fragte er.
„Auf nach Westtor!“, bestätigten die anderen.
Grimwardt
Kurz darauf auf der Sturmhexe
Am Mast des Piratenschiffs hatten die Angreifer eine neue Fahne gehisst: eine schwarze Harlekinmaske. Grimwardt kannte das Symbol von einem früheren Abenteuer: Es war das Wappenzeichen der Nachtmasken, der Diebesorganisation der Stadt Westtor. Bittere Erinnerungen an Schmach und Niederlage hingen an diesem Symbol, denn es war die vampirische Führungsriege der Nachtmasken, der die Gefährten das Scheitern ihrer Mission vor acht Jahren zu verdanken hatten.
Als Grimwardt mit Winter, Faust und Joe an Bord des Schiffes teleportierte, fielen ihm als erstes die beiden massigen Gestalten ins Auge, die mit verschränkten Armen den alten Gunnar am Steuerrad zur Abfahrt drängten: Es waren Oger, doch ihre Körper waren gräulich und das ungesunde Funkeln in ihren bleichen Augen verriet ihre wahren Natur. Der Kapitän hatte seinen ersten Maat zusammen mit einer Hand voll Seeleuten zur Bewachung auf dem Schiff zurückgelassen. Diesen Umstand hatten sich die Vampire zunutze gemacht und die Wachen in ihren Zauberbann geschlagen und zu unfreiwilligen Komplizen gemacht: Willenlos lenkte der Steuermann das Schiff aus der Bucht, während die Mannschaft die Geschütze klarmachte, um die Hochzeitsgesellschaft unter Beschuss zu nehmen.
„Grim!“
Winter zwickte ihren Bruder in die Seite und wies aufgeregt nach links, wo zwei weitere Gestalten aus einer Deckluke krochen. Die kleinere der beiden war ein Knabe von zehn oder elf Jahren, der in altertümliche Gewänder aus schwerem Samt gehüllt war. Die zweite jedoch hätte Grimwardt unter tausend anderen wieder erkannt: Drake! Im Mondschein, das dem Gesicht des Albinos ein geisterhaftes Leuchten verlieh, war unverkennbar, dass sich der alte Erzfeind der Fedaykins der Liga der Blutsauger angeschlossen hatte. Doch Drake schien die Geschwister kaum zu beachten. Stattdessen wies er mit einem Zischen auf Captain Joe und rief: „Da ist der Dieb! Niemand bestiehlt die Nachtmasken, Halunke! Dafür wirst du büßen!“
Mit diesen Worten schnellte er vor und ehe einer der Gefährten reagieren konnte, war er bei dem Kapitän angelangt und würgte ihn, bis er bewusstlos in seine Arme sank. Winter, die erkannte, was Drake vorhatte, sprach hastig einen Dimensionsbann, um eine magische Flucht zu vereiteln. Beinahe zeitgleich zerfetzte Faust dem Angreifer mit seinem Schwert die Kehle. Der Vampir röchelte, ehe er sich in Nebel auflöste. Auf diesen Moment hatte Grimwardt gewartet! Mit dröhnender Stimme rief er Tempus’ Macht auf den Körperlosen herab und das Unfassbare geschah: Der wabernde Nebel zerstob in einer grün züngelnden Flamme und nicht einmal ein Staubkorn blieb von Drake übrig!
Die Vernichtung ihres langjährigen Peinigers kam so überraschend, dass niemand auf den Knaben achtete, der mit Drake gekommen war. Mit lieblicher Singstimme bannte der kleine Vampir Winters Dimensionsanker, kniete sich neben Joe und teleportierte mit ihm und den beiden Ogerwächtern vom Schiff.
„Verdammt“, fluchte Faust. Dann blickte er auf die Stelle, an der Grimwardts Zauber den Assassinen vernichtet hatte. „Und das soll der Kerl gewesen sein, der euch so viel Ärger bereitet hat?“
„Nein“, sagte Winter, deren Blick wie gebannt an der Stelle hing. „Das war nicht Drake.“
Ruckartig hob sie den Kopf und sah Grimwardt an. Er nickte unmerklich: Sie hatte Recht. Er hatte sie nicht einmal angesehen. Keine Verspottungen, kein Versuch sie zu erpressen. Außerdem war Drake ein Einzelgänger. Unwahrscheinlich, dass er sich mit den Nachtmasken zusammengetan hatte. Ein düsterer Verdacht beschlich Grimwardt.
„Wenn es nicht dieser Drake war, wer war es dann?“, fragte Faust.
„Und was wollte er von deinem Ehemann?“, lenkte Grimwardt das Gespräch in eine andere Richtung, denn er hatte beschlossen, seine Vermutung für sich zu behalten, bis er sich seiner Sache sicher war.
„Wenn ich das wüsste“, murmelte Winter. „Offenbar hat Joe mir einiges verschwiegen.“
„Wie zum Beispiel, dass er eine offene Rechnung mit den Nachtmasken hat?“
„Also?“, fragte Faust. „Willst du ihn retten oder überlässt du ihn den Blutsaugern?“
„Nicht bevor ich weiß, was es mit diesen Tätowierungen auf sich hat… und mit Drake“, erwiderte Winter. Dann seufzte sie und blickte in die Runde. „Bereit für ein neues Abenteuer?“
Winter
Kurz darauf in den Katakomben der Hafenstadt Westtor, See des Sternregens.
Das ist die unromantischste Hochzeit, die ich in siebzehn Jahren erlebt habe, dachte Winter ernüchtert, während sie Grimwardt, Faust und Miu durch Schlick und Unrat der Kanalisation von Westtor hinterher stapfte. Nun, immerhin würde so Generationen von Blackbird-Bräuten dieses grässliche Monster von Hochzeitskleid erspart bleiben!
Der Ortungszauber, mit dem sie Joe aufgespürt hatte, hatte sie geradewegs in diese ungastliche Umgebung geführt. Immer tiefer hinein ins Tunnellabyrinth führte sie der Zauber und immer höher stieg das Abwasser, bis es Winter bis zur Taille reichte. Schließlich erblickten die Gefährten Licht am Ende eines Ganges und kamen in einen größeren Stauraum. Ein vergitterter Abfluss an der Ostseite des Raumes spülte die Abwässer in die Bucht von Westtor. Der Ortungszauber jedoch führte die Gefährten durch eine kleine Tunnelöffnung an der Nordseite des Raumes. Als sich süßlicher Verwesungsgeruch zu dem Kanalisationsgestank gesellte, wussten sie, dass sie auf der rechten Fährte waren. Und dann hörten sie die Schreie. Schreie, die nicht menschlich klangen und Winter das Blut in den Adern gefrieren ließen. Und dazwischen – wie bitterer Hohn – der sanfte Klang einer Laute und die glockenhelle Stimme des Vampirknaben, dessen lieblicher Singsang von den Tunnelwänden widerhallte: „Sag uns, wo du unsere Ware versteckt hast, Pirat, und dein Leiden hat ein Ende. Nur ein Wort und meine Melodie singt dich in den Schlaf.“
Keine Zeit mehr für Heimlichkeit! Die Gefährten stürmten los… und platzten unverhofft in einen von Fackeln und Kandelabern schwach erhellten Raum. Für einen Augenblick erhaschte Winter einen Blick in den Raum… und in die perfide Seele eines kindlichen Monsters: Der Junge saß mit lässig unterschlagenen Beinen auf einem steinernen Sarg und zupfte mit verzücktem Gesichtsausdruck die Saiten seiner Laute, wobei die teuflische Magie seines Spiels den Piraten zum Tanzen zwang. Joes Oberkörper war mit eisernen Stacheldrähten umwickelt, die ihm bei jeder Bewegung ins Fleisch schnitten und ihn vor Schmerz wimmern und brüllen ließen. Das Blut, das aus seinen Wunden trat, entlockte dem Jungen entzückte Seufzer und es bestand kein Zweifel daran, was mit Joe passieren würde, wenn der Vampir erst hatte, was er wollte. Dann plötzlich ein dissonanter Akkord: Der Knabe hatte die Eindringlinge erspäht. Ein Zucken durchlief seine Züge und verzerrte das engelhafte Kindergesicht zu einer grässlichen Fratze, während ein unterschwelliges Knurren aus seinen halb geöffneten Lippen drang. Dann ein Fauchen und ein Sprung und der kleine Vampir kauerte spinnengleich an der Decke des Raums.
Winter unterdrückte ein Schaudern.
„Tote Kinder machen sich in keiner Biographie besonders gut“, murmelte Faust und zog sein Schwert. „Aber ich glaube, für ihn könnte ich eine Ausnahme machen.“
Grimwardt brummte etwas, das nach Zustimmung klang. Doch ehe sie sich um den Vampirknaben kümmern konnten, wurde ihnen der Weg von den massigen Körpern der beiden Ogerwächter versperrt, die versteckt hinter dem Eingang gelauert haben mussten. Während auf der Schwelle zum Folterraum der Kampf losbrach, ersann Winter einen Plan, um Joe aus den Fängen des Sängerknaben zu befreien. Eilig sprach sie einen Zauber, der sie vor den Eisenstacheln schützen sollte, ehe sie mit einem weiteren Zaubertrick ihren Standort mit dem des Piraten tauschte. Im nächsten Moment spürte sie, wie die Eisendrähte in ihren Oberkörper schnitten, doch die Stacheln konnten ihr nichts anhaben. Aus den Augenwinkeln bemerkte sie eine weitere Gestalt, die aus dem Schatten auf sie zuschnellte. Drake! Eine weitere Vampirausgabe des Albinos hielt fauchend auf sie zu. Keine Zeit darüber nachzudenken, was das zu bedeuten hatte! Eilig befreite sich Winter von den Eisendrähten, doch auch dem Vampirknaben war ihre Befreiungsaktion nicht entgangen. Zornig über den Verlust seiner Beute stieß er ein markerschütterndes Kreischen aus, das ein schrilles Fiepen in Winters Ohren hinterließ. Blut strömte ihr aus Ohren und Nase. Ein Blick in Richtung ihrer Gefährten sagte ihr, dass es um sie kaum besser stand: Fausts frustriertes Fluchen kommentierte seine vergeblichen Versuche den Wall der Wächter zu durchbrechen, deren Kombination aus purer Muskelkraft und vampirischer Flinkheit ihm zu schaffen machte. Und auch gegen Grimwardts priesterliche Macht schienen diese Gegner immun zu sein.
Das hat keinen Sinn, erkannte Winter. Sie waren zu unvorbereitet für diesen Kampf, hatten ihre Gegner und deren Vorteil durch die vertraute Umgebung unterschätzt. Sie hatten Joe, das sollte ihnen fürs erste genügen! Da das schrille Fiepen ihr Hörvermögen einschränkte, sprach Winter einen stummen Dimensionszauber, um sich zu ihren Freunden zu teleportieren, und einen weiteren, um aus den Katakomben zu fliehen.
Es war bereits ihre zweite Niederlage gegen die Vampire von Westtor.
Grimwardt
Wenig später im Speisesaal der Abtei des Schwertes.
„Hast du mir vielleicht etwas zu beichten?“, schalt Winter ihren Bräutigam mit verschränkten Armen und schulmeisterlichem Blick. Mius heilende Berührung hatte neben Joes Fleischwunden auch seine Trunkenheit beseitigt und er schien nicht sonderlich erfreut über diesen Zustand absoluter Nüchternheit. Mürrisch ritzte er, zu Grimwardts wachsendem Missfallen, mit seiner Hakenhand Kerben in den Speisetisch und warf düstere Blicke in seinen Wasserbecher.
„Ich muss zu meiner Crew zurück“, murmelte er. „Bring mich zurück auf die Insel.“
„Sie hat dir deinen verdammten Arsch gerettet!“, knurrte Faust. „Und dir fällt nichts Besseres ein, als Forderungen zu stellen!“
„Kümmere dich um deinen eigenen Dreck, Mann“, fauchte der Pirat. Doch er schien einzusehen, dass Faust Recht hatte. „Erinnerst du dich an meinen Junggesellenabschied vor fünf Tagen?“, wandte er sich widerwillig an seine Braut.
„Eure Sauftour durch halb Turmish?“
„Waren das meine Worte? Dann habe ich möglicherweise vergessen zu erwähnen, dass ich mit der Crew noch mal aufs Meer raus gefahren bin…. Ein Handelsschiff aus Westtor.“
„Du hast ein Schiff gekapert?! Joe, wir hatten uns auf Halbe-Halbe geeinigt!“
Grimwardt quittierte die Enthüllung seiner Schwester mit einem tadelnden Räuspern. Er hatte es seit langem aufgegeben, Winter auf den Pfad der Tugend zurückführen zu wollen, aber dass sie in seiner Gegenwart so ganz ungeniert über ihre Verfehlungen zu sprechen wagte, das grenzte an Respektlosigkeit.
„War keine große Sache, bloß ein paar Kunstgegenstände“, behauptete der Pirat. „Aber dann fanden wir in einigen Weinfässern Schmugglerware. Drogen, ziemlich harter Stoff: Traumstaub, Teufelskraut und so ein rotes Zeug. Ich hatte keinen blassen Schimmer, dass die Nachtmasken da ihre Finger im Spiel hatten, sonst hätte ich das Zeug nie angerührt.“
Winter sah ihn scharf an.
„Und du hieltst es nicht für nötig, mich von eurer nächtlichen Aktion in Kenntnis zu setzen? Was hast du mir noch alles verschwiegen? Fangen wir doch mal bei deinen Tätowierungen an! Was zeigen diese Schatzkarten wirklich?“
Der Kapitän grinste schief durch eine Zahnlücke
„Ah, darum hast du mich also geheiratet, hehe.“
„Und du?“, konterte Winter. „Warum hast du mich geheiratet?“
„Vielleicht weil es nur einen Weg gibt, wie du es herausfinden kannst“, erwiderte er mit einem anzüglichen Grinsen. „Unsere Hochzeitsnacht ist noch nicht vorüber, meine kleine Auster.“
Winter kehrte ihm schnaubend den Rücken zu.
„Bin ich eigentlich der einzige, der sich wundert, wie Schneeweißchen in die Katakomben kam, nachdem wir ihn auf dem Schiff kalt gemacht hatten“, warf Faust ein.
Drake! Über all den Humbug von gekaperten Schiffen und mysteriösen Schatzkarten hätte Grimwardt die Begegnung mit dem Assassinen beinahe vergessen. Das Auftauchen des zweiten Vampirs hatte seine Vermutung bestätigt: Die Vergangenheit hatte sie eingeholt.
„Es sind Klone“, erklärte er ruhig.
Winter wandte sich ruckartig zu ihm um.
„Du meinst…?“
Er nickte.
Dann begann er zu erzählen: Vor acht Jahren hatte die Abenteuergruppe, der Winter und er damals angehörten, nach einem Ort gesucht, der sich die Bastion der ungeborenen Seelen nannte: ein Quell der Seelenenergie, in dem die Seelen der Sterblichen heranreiften. Seit fast 1500 Jahren wurde dieser Ort von einem mächtigen roten Drachen heimgesucht, Ashardalon, der sich vor dem sicheren Tod in die Bastion geflüchtet hatte und sich seither von den ungeborenen Seelen ernährte, um dem Tod zu entfliehen. Seinetwegen geschah es immer wieder, dass auf der ganzen Welt Kinder ohne Seelen geboren wurden. Ashardalons Bezwinger von einst, Gen Soleilon, war ein Held von Westtor und ein Vorfahre Drakes. Von Elminster von Schattental hatten die Gefährten erfahren, dass es nicht möglich sei, Ashardalon aus der Bastion zu vertreiben ohne die Hilfe des letzten Nachfahren des Soleilon. Dies war der Grund, weshalb sie mit Drake zusammengearbeitet hatten. Doch sie waren nicht die einzigen, die nach der Bastion gesucht hatten. Zu Anfang ihrer Mission war Drake von einer Marilith angegriffen worden, die ihm eine Hand abschnitt.
„Wir vermuteten damals, dass sie seine Hand brauchte, um einen Klon des letzten Nachfahren zu erschaffen“, schloss Grimwardt seinen Bericht.
„… und das ist ihr nun gelungen“, vollendete Faust die Geschichte.
„Ihr oder dem, für den sie arbeitet“, warf Winter ein. „Wir haben nie herausgefunden, in wessen Namen sie handelte, doch die Vampirklone deuten auf die Nachtmasken hin.“
„Und ihr glaubt, dieser Seelenquell ist erneut in Gefahr?“
„Eher noch immer“, murmelte Grimwardt. Er hatte die Schmach der Niederlage, die sie in den Vampirkrypten von Westtor ereilt hatte, wo sie nach einem Zugang zur Bastion gesucht hatten, nie ganz verdauen können. Bot sich ihnen hier etwa eine Chance, zu Ende zu bringen, was sie vor acht Jahren begonnen hatten?
„Wir sollten dem auf den Grund gehen“, entschied er. „Doch zuerst sollten wir eine Nacht darüber schlafen. Vampire jagt man am besten bei Tageslicht.“
Als sich die Gefährten und Joe am nächsten Tag zum Frühstück erneut im Speisesaal der Abtei einfanden, trat Sir Silas mit einem versiegelten Brief an Grimwardt heran.
„Herr, dies fand ich heute morgen vor der Tür zu meinem Schlafgemach.“
Als er das Siegel erkannte, sog Grimwardt scharf die Luft ein: eine schwarze Harlekinmaske!
„Haben die Wachen heute Nacht irgendetwas bemerkt?“, fragte er alarmiert. „Hinweise auf einen Eindringling? Merkwürdige Bewegungen? Nebel?“
„Nein, Herr.“
Grimwardt runzelte die Stirn. Er untersuchte den Briefumschlag nach Kontaktgift. Als er keines fand, brach er das Siegel. Die Botschaft war mit roter Tinte geschrieben – Blut: Als ob sie noch Zweifel daran bestünde, von wem die Nachricht stammte!
„Winter Fedaykin-Dantés, Grimwardt Fedaykin, Desmond MacLancastor, Miu Kimura“, las Grimwardt vor und wurde gleich von Winter unterbrochen.
„Desmond MacLancastor?“ Sie sah Faust amüsiert an.
„Woher kennen die Hurensöhne meinen richtigen Namen?“, knurrte der Kämpfer. „Scheint als hätte unser kleiner Sängerknabe viele Talente.“
„MacLancastor…Das klingt ziemlich hochtrabend.“
„Warum steht mein Name nicht in dem Brief?“, erkundigte sich derweil der egozentrische Piratenfürst.
„RUHE!“, rief Grimwardt die anderen zur Ordnung. „Wollen wir uns über Namen streiten oder soll ich weiter lesen?“
Stille.
„Ihr seid aufs Herzlichste eingeladen zum Maskenball im Stadtpalais der Urdo-Familie, Marktdreieck, Westtor, zur zwölften Stunde des Zwanzigsten Tages der Flammleite. Diese Einladung wird Euch Einlass gewähren. P.S.: Möge uns ein gemeinsamer Feind zusammenführen.“
„Das ist heute“, erkannte Winter. „Heute um Mitternacht.“
„Eine Falle?“, fragte Faust.
„Zweifelsohne“, erklärte Grimwardt.
„Aber auch ein Anhaltspunkt, um an die Nachtmasken heranzukommen“, erklärte Winter. „Wir sollten mehr über diese Urdo-Familie herausfinden.“
Faust sah in die Runde.
„Auf nach Westtor?“, fragte er.
„Auf nach Westtor!“, bestätigten die anderen.